Jakob Laub: Die 7 Werke der Barmherzigkeit
Der Nesthauser See in Elsen, einem Stadtteil von Paderborn in Nordrhein-Westfalen, verbirgt ein interessantes Beispiel für moderne religiöse Architektur und Deckenfresken.
Es war Dienstagabend, als wir beschlossen, eine Radtour um den See zu machen. Dabei stießen wir auf die Kapelle des "Barmherzigen Jesus". Das kleine achteckige Gebäude wurde 1994 erbaut und zieht mit seinem hellgrauen Bleidach und seiner wunderschönen Lage am Rande des Sees sofort die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich. Ich fand die eiserne Eingangstür halb geöffnet und beschloss, das Innere zu besichtigen. Zu meiner Enttäuschung konnte ich nur bis zum kurzen Korridor zwischen Eingang und Hauptraum der Kapelle vordingen. Eine verschlossene Eisengittertür versperrte den Weg. Durch sie konnte ich ins Innere sehen, das aus nur einem Raum mit hellen, lederbezogenen Eisenbänken bestand. Ein Triptychon flankierte den Altar. Tageslicht drang durch die das Dach krönende Glaskuppel und schmale Buntglasfenster, die den oberen Teil der Wände umgaben. Was meine Aufmerksamkeit erregte, waren die modernen Fresken an der Decke, die die sieben körperlichen Werke der Barmherzigkeit darstellen.
Es wurde dunkler, und es war klar, dass ich die Kapelle noch einmal während der Öffnungszeiten besuchen musste, um mehr über die Fresken zu erfahren und einige Fotos zu machen. Dies geschah am Sonntag vor der Zeremonie. Als ich die Kapelle betrat, kam eine freundliche ältere Dame auf mich zu und fragte, ob ich aus Ungarn käme. Leider konnte sie mich nicht über den Maler und sein Werk informieren, aber sie erlaubte mir gerne, einige Fotos zu machen, bevor der Gottesdienst begann.
Biographie
Jakob Laub ist ein ungarischer Filmemacher und Maler. Sein Werk spiegelt Einflüsse der künstlerischen Bewegungen der Nachkriegszeit wider.
1930 geboren in Vaskút, Bács-Kiskun, Ungarn
1944 floh die Familie von der Kriegsfront nach Hidas, dem Herkunftsort der Familie Laub
1945 zum Wehrdienst in Sankt Lambrecht eingezogen, um eine Stellung aufzubauen
1949-1951 Meisterschule für Malerei bei Prof. Rudolf Szyszkowitz
1951 Beginn des Studiums an der Akademie der bildenden Künste in Wien als Schüler von Prof. Albert Paris Gütersloh
1960 Absolvent des Centro Sperimentale di Cinematographia in Rom mit einem Diplom in Film- und Fernsehregie
1961 wird er freischaffender Maler und Regisseur in Wien
1995 Gründung eines eigenen Ateliers in Bonn für Malerei und Videoproduktion
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Als ich später am selben Tag meine Fotos durchging, erkannte ich genauer, was diese Fresken einzigartig macht. Jeder der drei Deckenbereiche beherbergt zwei Szenen der Barmherzigkeit: die Hungrigen speisen - den Durstigen Wasser geben, die Nackten bekleiden - die Kranken pflegen, die Gefangenen besuchen - die Fremden beherbergen. Nur der vierte Deckenbereich über dem Haupteingang stellt eine einzige barmherzige Handlung dar: die Bestattung der Toten.
Die Fresken des "Barmherzigen Jesus", gemalt vom ungarischen Künstler und Filmemacher Jakob Laub, sind ein Beispiel für eine religiöse Kunst des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts, die sich von früheren Kunstepochen löst. Im Gegensatz zu den alten Meistern, die das gleiche Thema darstellten, hält sich Laub nicht an detaillierte Darstellungen. Für ihn ist weniger mehr. Seine menschlichen Figuren wirken wie mönchische Silhouetten, getauft in erdige Töne von Grün, Braun, Blau, Schwarz, Orange. Vor einem Hintergrund, der ausschließlich aus geometrischen Formen, klaren Linien und begrenzten Lichtquellen besteht, zielt der Künstler direkt auf die Emotionen der Betrachter, auf religiöse Hingabe und Wiedererinnerung.
In dem Fresko, das den Besuch des Gefangenen darstellt, kommt das Licht aus zwei Quellen in den Raum: Aus dem Fenster des Gefängnisses und aus der durchsichtigen Sphäre mit dem blumenumrankten Kreuz, das der Besucher dem Gefangenen anbietet und das unsere Reise durch das Leben symbolisiert. Für den Hintergrund verwendet Laub Grüntöne, die die heilende Kraft menschlicher Zuwendung und Kommunikation im Gegensatz zur Isolation verdeutlichen. In einem erdigeren Hintergrund auf der gleichen Tafel können wir den Akt der Beherbergung von Fremden sehen. Hier ist der Eingang die einzige Lichtquelle, die die Hoffnung auf einen Neuanfang für die Obdachlosen symbolisiert.
Fotoquelle: Wikipedia.org
Der künstlerische Stil von Jakob Laub erinnert in vielen Aspekten an die Arbeit des Künstlers Robert Delaunay aus dem frühen 20. Jahrhundert, besonders in der Begräbnisszene. Mit einer ganz anderen Farbwahl als bei den anderen Fresken bezieht Laub das architektonische Dreieck über dem Haupteingang gekonnt in den Hintergrund ein. Links vom Dreieck findet eine Begräbniszeremonie statt. Ein großer Mann in einem modernen schwarzen Anzug steht vor dem Sarg des Toten. Die Umgebung in blauen und violetten geometrischen Formen symbolisiert Schmerz und Trauer. Auf der rechten Seite segnet ein in erdigen Farben dargestellter Engel den Toten. Die abstrakten geometrischen Formen zwischen Erde und Himmel können wir als Schneeberge interpretieren, die die Illusion vermitteln, dass der Engel vom Himmel zur Erde fliegt.
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